Fachbereich Religion/ Ethik

Der Bauer Ambros Diem auf dem Sterbebett:
Weißt Du, wenn ich daran denke:
Sommerfrühe, Sense auf dem Buckel,
Mostkrug in der Hand, hinaus, Sonne,
glitzernder Tau im Gras, singende Vögel,
Himmel und Wald ... .
»Do hätt’ i denn oft grad’ juzga kenna!« Und: »Don
hon e g’merkt, dass do no ebbes ischt.«
Fridolin Stier, Tag 731

Dietrich Bonhoeffers Worte sind unser Ausgangspunkt: “Ich will also darauf hinaus, dass man Gott nicht noch an irgendeiner allerletzten heimlichen Stelle hineinschmuggelt, sondern dass man die Mündigkeit der Welt und des Menschen einfach anerkennt, dass man den Menschen in seiner Weltlichkeit nicht ‚madig macht’, ...” und Max Horckheimers Warnung begleitet uns: “Die Menschheit verliert auf ihrem Weg die Religion., aber dieser Verlust geht nicht spurlos an ihr vorüber ... Religion bewahrt die Gesellschaft vor einem blöden Optimismus, vor dem Aufspreizen Ihres eigenen Wissens als einer neuen Religion.”

Religiöser Erfahrung geht es um die Wahrheit über die ganze Existenz des Menschen, nicht eines Teiles. Sie ist die Stumme dessen, was den Menschen als Menschen unbedingt angeht’ (Paul Tillich):

  • die Erfahrung der Naturordnung (W. Heisenberg),
  • die Erfahrung des Mitmenschen (Solidarität, Erotik),
  • des Lebendigen (A. Schweitzer),
  • des Schönen,
  • die Erfahrung von ‚Grenzsituationen’ (K. Jaspers).

Indem der Religionsunterricht das Phänomen »religiöse Erfahrung« thematisiert, bewahrt er die Schule vor einer einseitigen und damit verengten Festlegung auf einen mathematisch-physikalischen oder politisch-soziologischen Erfahrungsbegriff.

Der Unterricht in Religion/Ethik muss auch religiöse und philosophische Traditionen thematisieren. Der Verlust religiösen und ethischen Grundwissens bedeutet Kulturverlust, zunächst ganz unabhängig von der Frage nach Glauben oder Nichtglauben. Kirche als Ort institutionalisierter Religion ist nicht Subjekt, sonder eines der Objekte im religiösen Bildungsbereich. Die Religion unseres Kulturkreises ist vornehmlich das Christentum. Das Dokument seines Ursprungs ist neben dem Neuen Testament die Hebräische Bibel (AT).

Heilige Schrift für Juden, Christen und Moslems gleichermaßen. Der  Religions- und Ethikunterricht muss orientiert an den Bezugswissenschaften Theologie, Philosophie und Religionswissenschaft auch “Standardwissen” vermitteln. Dies ist auch bedeutsam für Schülerinnen und Schüler aus der islamischen Kultur, mit ihrer besonderen familiären Sozialisation (“Zwischen den Kulturen”).

Dazu gehören auch außerunterrichtliche Veranstaltungen:

  • Besinnungstage für Schülerinnen und Schüler
  • Studienfahrten nach Rom und Israel
  • Besichtigungen von Kirche, Moscheen und Synagogen
  • Museumsbesuche
  • Projektwochen für die ganze Schule
  • Tage der offenen Tür

Sie tragen dazu bei, Gemeinsamkeiten, gegenseitiges Verstehen, Achtung vor dem Anderen zu fördern, sie sind geeignet und wichtig, um Verständnis und Toleranz im sonst unübersichtlichen System Berufsschule zu fördern.

Wir betrachten es als Aufgabe und als Chance, wenn Gruppen von SchülerInnen verschiedener Nationalitäten, Religionen und Traditionen gemeinsam am Religions- oder Ethikunterricht teilnehmen. So wird zum einen Kennenlernen und Achtung der Traditionen, Erfahrungen und religiösen Einstellungen der Anderen ermöglicht. Zuhören und Verstehen wird eingeübt. Gleichzeitig erfolgt in Gesprächen mit den MitschülerInnen, angeregt und unterstützt durch die Lehrkräfte, eine Reflexion der eigenen Wertvorstellungen, der bisher geübten Modelle des Zusammenlebens und der ethischen Maßstäbe.

70 % der Heranwachsenden besuchen die unterschiedlichen Schulformen der beruflichen Schulen. Die jungen Menschen erleben während dieser Zeit Entscheidendes: Ablösung von den Eltern (nicht unbedingt vom Elternhaus), Eintritt in ein Arbeitsverhältnis, Qualifizierung fast ausschließlich nach Leistung, Beginn und mögliches Ende von Partnerschaften. Sie stehen vor einer Fülle von Erfahrungen, Anforderungen, Konfliktfeldern und Entscheidungssituationen.

Sie stehen vor der Auseinandersetzung mit der “technologischen Zivilisation”, vor der Frage der Rechtfertigung einzelner Handlungen, vor der Frage nach dem “guten Leben”.

Religionsunterricht an beruflichen Schulen versucht die Fragen der Schüler zu ihrer Situation zu bearbeiten. Dabei werden die neuen beruflichen und privaten Lebenssituationen reflektiert.

Die Schüler werden begleitet und beraten. Selbst im Fachunterricht der Berufsschule erleben wir die Bedeutung eines derartigen  “Beziehungsgeschehens”. Moralisieren und vorgegebene Wahrheiten haben hier keinen Platz. Im Mittelpunkt steht der lebendige Diskurs; die Schüler entwickeln an der Sache eigene Bewertungen, vergleichen sie mit anderen Urteilen und diskutieren Konsequenzen. Der Religions- und Ethikunterricht ist ein Dienst am Schüler und dessen Selbstwerdung.

Immer wieder finden wir in Klassen der Berufsschule Schülerinnen und Schüler mit großen persönlichen Schwierigkeiten. Dabei können Krisensituationen im Rahmen des Unterrichts oft nicht bewältigt werden. Zu unseren Zielen gehört es daher, begleitend zur Schulsozialarbeit, ein Angebot in Schulseelsorge machen zu können, das vertiefende Gespräche ermöglicht.

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